Dienstag, 19. Juni 2012

So waren sie, die Blicke auf das Wesentliche 2012

Neugier lag in der Luft, als Sebastian Götte, Gesellschafter von aproxima, die „Blicke auf das Wesentliche 2012“ eröffnete. Im Rund des Weimarer Kunstturms saß eine bunt gemischte Gruppe aus Kunden, Partnern, Freunden und Mitarbeitern von aproxima und wartete gespannt auf die ebenso bunt gemischte Themenpalette der nächsten drei Stunden. Zunächst jedoch gaben Dr. Henry Kreikenbom, Gründer und Geschäftsführender Gesellschafter von aproxima, und Sebastian Götte zwei Impulse zur Zukunft der Marktforschung. Der eine, indem er die Rolle von Marktforschung in einer sich wandelnden Wirtschaftskultur beleuchtete. Und der andere mit fünf Thesen zu den Chancen und Anforderungen von Marktforschung im Web 2.0.

Vom Leben zwischen den Welten

Solcherart auf Touren gebracht, waren die Köpfe der Anwesenden bereit für die vier Hauptvorträge. Prof. Wolfgang Frindte von der Friedrich-Schiller-Universität Jena berichtete über die von ihm geleitete Studie zu „Lebenswelten junger Muslime in Deutschland“, die im Februar dieses Jahres ein vernehmliches Rauschen im Blätterwald auslöste. Sein verständlicher Unmut über die anfangs sehr unfair geführte Berichterstattung war ihm deutlich anzumerken. Einen differenzierteren Einblick in die Ergebnisse lieferte er gleich nach: So konnten als Einflussfaktoren auf die Integrationsverweigerung eines Teils der jungen Muslime ein autoritäres Elternhaus aber auch ein starker Gegenwind aus der Mehrheitsgesellschaft ausgemacht werden. Wer sich als Gruppe stigmatisiert fühlt, der verliert den Spaß am Dabeisein. Schwierig sei außerdem die Wanderung „zwischen den Welten“: Hier die Heimatkultur, deren Wurzeln man nicht verlieren will. Dort die neue Gesellschaft, in die man hineinwachsen will. Integration – so lernen wir bei Prof. Frindte – ist ein hartes Stück Arbeit. Und die Mehrheitsgesellschaft selbst kann einen gehörigen Teil dazu beitragen.

Ideen zu Innovationen machen

In eine ganz andere Welt entführten danach Ingolf Leithoff von der Westsächsischen Hochschule Zwickau und Henry Kreikenbom das Publikum. Sie sprachen über die Rolle von Marktforschung im Innovationsprozess und taten dies am Beispiel des Förderprojektes „InnoParT – Innovativer Paradigmentransfer am Beispiel der Entwurfsmethodik für Straßenverkehrsanlagen“. Straßen, so erfuhren die Gäste im Kunstturm, sind komplexe Planungsprojekte mit Laufzeiten von bis zu 20 Jahren vom ersten Bleistiftstrich bis zum Durchschneiden des Bandes. Geplant werden sie bisher in 2D in verschiedenen aufeinanderfolgenden Schritten. Das Ziel des Projektes war die Entwicklung eines 3D-Entwurfssystems, das diese Schritte miteinander verbindet und dem Entwickler gleichzeitig ein anschaulicheres Bild von seinem Projektgegenstand schafft. Die Marktforschung kann bei solchen Projekten den Unterschied zwischen erfolgreichen Innovationen und bloßen Ideen machen, so Kreikenbom. Hilft sie doch den oftmals eher technisch denkenden Entwicklern dabei, die Bedürfnisse der Anwendergruppe zu erkennen und die Entwicklung entsprechend auszurichten.

Marktforschern auf die Präsentation geschaut

Nach der verdienten Pause bei kleinen Appetithäppchen und Waldmeisterschorle wurde allen Marktforschern im Raum der Spiegel vorgehalten: Wie anschaulich präsentiert Ihr eigentlich Eure Ergebnisse? Das wollte nämlich eine Studentengruppe um Dr. Alexander Magerhans an der Fachhochschule Jena wissen und hat die Adressaten von Marktforschungsergebnissen – also Manager in Unternehmen – dazu befragt. Zunächst kam wenig Rühmliches zum Vorschein: Knapp ein Viertel der Befragten traut Marktforschungsergebnissen selten, ebensoviele sagen, dass diese Ergebnisse sie kaum bei ihren Entscheidungen beeinflussen. Indem sie die Praktiken von Marktforschern den Wünschen der Adressaten gegenüber stellten, kamen Anne Jahn und Dr. Magerhans dann zu interessanten Empfehlungen für zukünftige Präsentationen. Viele davon folgen übrigens einem alten Marktforschergrundsatz: Kenne Deine Zielgruppe!

Smart gespart mit Infos vom Stromzähler?

Sebastian Götte beschloss den offiziellen Teil des Abends mit einem Vortrag über Möglichkeiten und Grenzen des Stromsparens mit Hilfe intelligenter Stromzähler (Smart Meter). „Intelliekon“ hieß das interdisziplinäre Forschungsprojekt unter der Leitung des Fraunhofer ISE in Freiburg, das sich damit beschäftigte. Rund 2.000 Haushalte in ganz Deutschland und in Linz (Österreich) waren daran beteiligt. Die Hälfte von ihnen bekam ein regelmäßiges Feedback von ihren Smart Metern zum aktuellen Stromverbrauch, die andere Hälfte nicht. Die Forscher versuchten anhand mehrmaliger Befragungen, der Beobachtung des Stromverbrauchs und auch des Nutzerverhaltens auf dem angebotenen Internetportal die Frage zu klären, wie hoch das Einsparpotenzial bei den Verbrauchern durch ein Feedback vom Stromzähler ist. Das für einige ernüchternde, für andere hochinteressante Ergebnis: knapp 4 Prozent. Auf Gesamtdeutschland berechnet sind das immerhin 3,6 Mio. Tonnen weniger CO2 pro Jahr – und damit ein erster Schritt auf dem Weg zu intelligenterem Stromverbrauch.

Im Anschluss an diese Viererpackung Marktforschungswissen gab es unter dem riesigen Kesseldach des ehemaligen Wasserturms am bio-regionalen Buffet und bei erfrischenden Getränken die Möglichkeit sich besser kennenzulernen, Ideen auszutauschen und die Woche entspannt ausklingen zu lassen. Die Gäste machten davon reichlich Gebrauch und so mancher versprach beim Verabschieden, auch nächstes Jahr gern wiederzukommen. In den Kunstturm zu Weimar. Zu Blicken auf das Wesentliche.

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